Ich schrieb nix von Gutachter, sondern von einem Sachverständigen. Das kann auch ein befreundeter oder benachbarter Kfz-Mechaniker sein. Der sollte auch in der Lage sein, Gewalteinwirkungen durch Schraubstock oder ähnliches zu erkennen. Der vereidigte Gutachter wäre erst der Schritt, wenn die Werkstatt sich gegen die erste sachverständige Diagnose wehrt. Dann läuft es sowieso auf ein juristisches Verfahren hinaus.
Gegen ein Unterschieben von Fremdteilen ist man natürlich nicht vollständig gefeit, aber dann müssten die zufällig für dieses Fahrzeug und passend zum Fehlerbild zur Verfügung stehen. Teile von anderen Modelllinien lassen sich, wenn nicht durch ihre Form, so doch meist über ihre Teilenummer identifizieren.
Es ist ja nicht so, dass mein Ratschlag auf reiner Theorie gründet, sondern in der Praxis bereits angewendet wurde. Ein Bekannter hatte nach einer Inspektion an einem Zafira ständig ein weiches Bremspedal. Daraufhin wurde er in der Werkstatt wieder vorstellig mit dem Auftrag, dieses zu beheben. Dort wurde die Bremsanlage entlüftet und das Auto wurde ihm dann wieder zurückgegeben. Das weiche Bremspedal stellte sich am nächsten Tag jedoch wieder ein und er brachte das Auto zurück. Dort hat man dann mehrfach entlüftet, ohne dass das Problem behoben wurde. Wir sprachen zwischenzeitlich über das Problem und ich riet ihm, bei dem ursprünglichen Auftrag zu bleiben, bis das Problem behoben sei.
Die Werkstatt meldete sich dann und behauptete, die Bremsschläuche seien weich und müssten ausgetauscht werden. Mein Bekannter erklärte, dass sie gemäß ihrer Diagnose und seinem Auftrag das Fahrzeug instand setzen sollten. Man kann sich schon denken, dass die Bremsschläuche nicht des Rätsels Lösung waren. Danach wurde der HBZ als defekt diagnostiziert, danach der BKV und zum guten Schluss sollte es ein defektes Ventil im ABS-Hydraulikblock sein. Mittlerweile waren bereits mehr als 3000,- € an Reparaturkosten und knapp 1500,-€ Leihwagengebühren angelaufen, ohne dass man die Ursache gefunden, geschweige denn beseitigt hätte. Das war dem Laden wohl mittlerweile selber etwas mulmig und so verlangten sie die Abrechnung des alten und einen neuen Auftrag um das ABS auszutauschen.
Mein Bekannter weigerte sich auf mein Anraten hin und da sich der Ton mittlerweile deutlich verschärfte, zog er einen Rechtsanwalt hinzu. Nachdem dieser eine juristische Bewertung des Falles aus seiner Sicht an die Geschäftsleitung richtete, einigte man sich auf ein Schiedsverfahren was hauptsächlich deswegen zu Gunsten meines Bekannten ausging, weil der Auftrag ganz klar sagte, es sei die Ursache für das weiche Pedalgefühl zu beseitigen. Er als technischer Laie könne keine fachlich korrekte Reparatur formulieren und sei damit auf die Symptombeschreibung beschränkt und könne auch nur die Beseitigung des Symptoms pauschal in Auftrag geben. Die Werkstatt hingegen sei als Fachbetrieb dazu aufgerufen, diese Symptombeschreibung mit ihrem fachlichen Wissen aufzunehmen und eine entsprechende zielführende Reparatur durchzuführen. Diese und nur diese sei vom Kunden zu bezahlen. Einen wahllosen Teiletausch zur Fehlersuche müsse der Kunde hingegen nicht hinnehmen.
Die Geschäftsleitung erklärte dann im Anschluss, dass sie sich außer Stande sähen, das Fahrzeug zu reparieren. Mein Bekannter bekam alle seine Altteile wieder eingebaut, ohne dass er irgendeine Reparaturleistung bezahlt hat und bei den Leihwagenkosten hat man sich dann noch geeinigt. Repariert wurde das Auto dann in einer freien Werkstatt mittels herkömmlichem Entlüften und da waren dann hinten tatsächlich noch Bläschen im Schlauch.
OH